Freitag, den 21. März 2003 um 21.15 Uhr

 


  Ein Wiesbadener auf Reisen -
Leidenschaft Amazonas


Bericht: Astrid Dermutz

  Schon als Kind war er begeistert von fremden Kulturen. Vor 30 Jahren machte er sich das erste Mal auf den Weg nach Amazonien. Mehr als ein Jahr war er unterwegs, begegnete unterschiedlichen Indianerstämmen und kam mit faszinierenden Eindrücken nach Deutschland zurück. Bald traf er Vorbereitungen für die nächste lange Expedition. Insgesamt sieben Jahre verbrachte er bereits in den Urwäldern am Amazonas. Das Ergebnis: unzählige Dokumente. Jetzt schreibt der Wiesbadener Werner Hammer ein Buch über die Kulturen, die er in den letzten Jahren besuchte. Beispielsweise über die Awa-Guaja, deren Lebensweise immer mehr bedroht ist. Er ist von der Lebensform der in kleinen Gruppen lebenden Jäger und Sammler im Nordosten Brasiliens fasziniert. "Der Amazonas," so Werner Hammer, "ist noch ein riesiges Rückzugsgebiet für Völker, die noch intakte Kulturen haben. Das ist einmalig auf der Welt.  


  Mich interessieren alle Naturvölker, die es noch gibt, aber speziell die Jäger und Sammler, weil es heute kaum noch welche gibt. Das ist ein Fenster in die Vor- und Frühgeschichte. Es ist schon erschreckend, dass es selbst für kleine Gruppen von Leuten, es sind oft nur 30 bis 60, keinen Platz mehr gibt. Das müsste uns schon zu denken geben."


  Sein Alltag sieht anders aus: Er restauriert alte Möbel für das Antiqui- tätengeschäft seiner Lebensgefährtin Marion Dirksen in Wiesbaden-Erbenheim. Seit 25 Jahren ist sie bei jeder Reise dabei. Für sie ist ihr Beruf Hobby; die Reisen sind ein abwechslungsreicher Kontrast. Für Werner Hammer ist der Besuch bei den traditionellen Kulturen Amazo- niens ein Wettlauf gegen die Zeit: "Ich hoffe, dass es noch in Zukunft, in einigen Jahrzehnten von dieser indianischen Kultur etwas übrig bleibt. Es gibt Völker, die habe ich vor 20, 30 Jahren besucht, von deren Kultur ist so gut wie nichts übrig geblieben. Das Einzige, was von ihnen da ist heute, das sind Dokumente, Fotos, Bücher. Deshalb ist es für mich wichtig, dorthin zu reisen und deren Leben zu dokumentieren."  

  Ein Freund, der bei der brasilianischen Indianerschutzbehörde arbeitet, hat sie eingeladen, einen Aufstand gegen Brasiliens wichtigster Bauxit-Transportstrecke mit ihrer Videokamera zu dokumentieren. Sie brachte die Awa-Guaja um ihr Gebiet. Hundertfünfzig indianische Krieger aus verschiedenen Stämmen kamen zusammen, um mit den Awa-Guja gemeinsam für ein neues Reservat zu kämpfen. Drei Tage lang wurde die zentrale Eisenbahnlinie der Firma "Vale do Rio Doce" blockiert. "Diese Blockade war sehr erfolgreich," erzählt Werner Hammer. "Ich glaube kaum, dass ohne diese Aktion für die Awa-Guaja ein neues Reservat  

  entstanden wäre. So haben sie auch in Zukunft die Chance, jedenfalls für die nächsten 20 Jahre, als Jäger und Sammler durch die Urwälder zu ziehen. Und es wird auch geschützt vor Siedlern, die immer in die Gebiete eindringen wollen, vor Holzfällern und vor großen Firmen, vor Erdölfirmen, die großes Interesse haben, in die Gebiete reinzugehen."

  Einige Wochen waren Werner Hammer und Marion Dirksen 1990 mit dem Kanu unterwegs, um die Zuruahá zu besuchen. Sie leben 800 km von Manaus flussaufwärts, in einem unwegsamen Urwaldgebiet. "Die Zuruahá sind Urwaldbauern. Es ist ein unwahrscheinlich interessantes Volk, einmalig auf der Welt. Es ist ganz toll, dass sie alle Missionsversuche zurückgeschlagen haben. Kein Missionar war imstande, sie zu missionieren. Die sind so selbstbewusst und haben eine so starke Kultur, dass sie jeden Versuch zurückweisen." Denn die Zuruahá haben ihren eigenen Glauben vom Jenseits. Der aus unterschiedlichen Völkern zusammengewürfelter Stamm hat einen Selbstmord-Kult entwickelt. Jedes Jahr töten sich einige mit Pflanzengift, um dadurch in einer "Zwischenstufe zwischen Leben und Tod" auf ewig weiter zu existieren.  

  Werner Hammer weiß faszinierende Geschichten über seine Begegnungen mit den Indianern in Amazonien zu erzählen, viele Alltagsgegenstände haben er und Marion Dirksen auf ihren Reisen gesammelt. Jeder Gegenstand ist ein Stück Erinnerung. Ein Buch und etliche Artikel hat der Wiesbadener bereits geschrieben. Jetzt hofft er, für sein neuestes Werk einen Verlag zu finden.  

  Kontakt:

Werner Hammer und Marion Dirksen
"Antik Dirksen"
Barbarossastr. 1
65205 Wiesbaden-Erbenheim

Tel.: 0611/ 761890
Fax: 0611/ 702627

email: mail@indigeno-photos.de

Der 1992 erschienene Bildband "Urucu. Bei den Indianern des Amazonas" von Werner Hammer ist vergriffen und kann bei amazon.de nur gebraucht vorbestellt werden.